Christian Herfert, Senior Consultant
Christian Herfert ist seit über 10 Jahren im Unternehmensverbund der Medialine Group in unterschiedlichen Positionen aktiv. Der Österreicher gewährt uns Einblicke in kulturelle Unterschiede und verschiedene Arbeitsgewohnheiten im Nachbarland. Zudem erzählt er von Managed Service-Abläufen und, wie das Zukunftsthema IoT in Österreich wohl anlaufen wird.
Dieses Interview wurde im Jahr 2021 durchgeführt.
ML: Hallo Christian! Schön, dass du dir heute Zeit genommen hast für ein kurzes Gespräch. Zu Beginn kannst du uns gerne etwas darüber erzählen, was du vor deiner Zeit bei Medialine so gemacht hast.
CH: Das ist beruflich fast ein bisschen unspektakulär. Ich war zuerst bei der ML11, als diese noch eigenständig und kein Teil von der Medialine Group war. Dort habe ich in Bezug auf unterschiedliche Positionen schon einiges durch: freier Mitarbeit, Support, Consulting. Dann bin ich von der ML11 gewechselt und war der erste Mitarbeiter von Medialine Österreich, als wir den Standort im Jahr 2015 aufgebaut haben. Hier war ich als Standortleiter, Prokurist und Consultant tätig. Als dann 2018 die Firmenintegration der ML11 zur Medialine Group geschehen ist, bin ich mitgegangen und bin seitdem in meiner Position als Senior Consultant, operativer Leiter und Leitung Professional Services mit Georg Karacsonyi aktiv. Jetzt bin ich also wieder bei der ML11 als Teil der Medialine Group und nächstes Jahr dann offiziell bei der Medialine Österreich, wenn die Umfirmierung abgeschlossen ist. Also von meiner Firmenerfahrung her ist es recht überschaubar.
ML: Das ist ja spannend. Dann warst du von Anfang an bei der Standorteröffnung in Österreich dabei. Und wie war damals für dich die Erfahrung Strukturen aufzubauen?
CH: Wir waren nie mehr als zwei Mitarbeiter (lacht). Wir haben sozusagen ganz nach der Start-up-Kultur Strukturen erschaffen. Wir haben uns in einem Zweier-Team aufgeteilt: Der technische Part ging an mich und den vertriebliche hat mein Teamkollege übernommen. Dieser ursprüngliche Mini-Standort der Medialine hat sich mittlerweile ganz schön gewandelt. Nun sind durch die Firmenintegration an fünf österreichischen Standorten 30 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für die Medialine Österreich aktiv.
ML: Wie genau sah denn dein Ausbildungsweg vor deiner Karriere bei Medialine aus?
CH: Ich war zwei Jahre am Fortbildungsinstitut der Wirtschaftskammer. Dort habe ich die zweijährige Ausbildung „Fachwirt für angewandte Informatik“ absolviert. Ich bin also vom Abschluss her Fachwirt.
ML: Du fokussierst dich in deiner Position als Senior Consultant auf den technischen Teil und zudem auf die Managed Services im Portfolio-Angebot der ML11/Medialine Österreich. Was genau ist der Unterschied zum Managed Service Angebot der deutschsprachigen Medialine-Mutter?
CH: Also es gibt gewiss ein paar Unterschiede. Hauptsächlich jedoch geht es um folgendes: Bei uns geschieht der Managed Service meist vor Ort beim Kunden, während bei unserer deutschen Mutterfirma Managed Service sowohl beim Kunden vor Ort als auch als Service in der Cloud als auch Hybrid abgebildet wird
ML: Neben Managed Services fokussiert sich die ML11/Medialine Österreich auch noch auf IT-Infrastructur und Business Solutions. Wie sind die Portfolio-Unterschiede zur deutschen Medialine?
CH: Wir bieten grundsätzlich das gleiche Portfolio an. Da Österreich wirtschaftlich gesehen jedoch allgemein der kleine Bruder Deutschlands ist, sind unsere Infrastrukturen und Projekte und somit auch Kundengrößen nicht ganz so groß. Ein wichtiger Punkt zur Unterscheidung ist, dass wir in Markensachen spezialisiert sind. Wir bieten beispielsweise auch für Linux Dienstleistungen an. Das ist bei der deutschen Medialine eher selten, wenn ich mir recht erinnere.
In Österreich betreiben wir die Medialine-eigene CompanyCloud in österreichischer Ausprägung – der Standort wird in Salzburg betrieben. Ansonsten gibt es von Medialine Österreich in Graz ein weiteres Rechenzentrum. Für den Betrieb der Rechenzentren greifen wir auf die Erfahrung und das Know-How der Medialine Group zurück. Hier unterstützt uns das Team von Andreas Becker von der deutschen Medialine.
Das Grazer Modell ist historisch so alt wie die ML11 selbst. Dort steht z.B. eine Data Domain von Dell für die Replikation der Backup-Daten unserer Kunden. Es ist aus dem Managed Service- Gedanken heraus entstanden. Da ein Managed Service einen sehr klar definierten Hardwareumfang hat und die Managed Service-Kunden auch eine Data Domain vor Ort haben. Über jenes Rechenzentrum laufen aber auch noch andere Dienste, es beherbergt auch die Backup-Kunden, ist also sehr bunt gemischt.
ML: Und du kümmerst dich in deiner Position um den ganzen Bereich mit Managed Services?
CH: Genau und hierbei geht es im Prinzip um die Abbildung der gesamten Verwaltungs- und Überwachungsinfrastruktur für unsere Kunden. Welches Konzept wir entwickeln, wo wir unsere Kunden anbinden, wie wir sie monitoren. Da entsteht dann ein großer Bauplan, den man auch teils von einem auf den anderen Kunden übertragen kann und dadurch natürlich Projektzeiten senkt und die Fehlersuche erleichtert. Im Prinzip bedeutet Managed Service für uns, dass wir den gesamte IT-Betrieb eines Kunden regeln. Und dieses Vorhaben setzt sich aus lauter einzelnen Services zusammen. Die Idee ist es den kompletten IT-Betrieb bei uns auszulagern.
Wir stellen meistens eher die IT&C-Infrastruktur dahinter bereit und betreiben die Services. Momentan sind wir gerade bei diesem Portfolio-Bereich in einer starken Fokussierungsphase. Wir versuchen auch unsere bestehenden Kunden auf Managed Services umzustellen. Es geht weg vom reaktiven Support hin zum proaktiven Managed Service. Das ist gerade die Devise. Wir wollen nicht mehr darauf reagieren müssen, wenn etwas kaputt ist, sondern wir können vor der Katastrophe darauf hinweisen, dass da ein Problem entstehen wird. Das ist genau die Zielsetzung. Das gilt besonders bei Sicherheitsthemen.
ML: Nun haben wir sehr ausführlich über die Definition von Managed Services gesprochen. Aber was genau beinhaltet nun deine Position als Senior Consultant?
CH: Ich habe die technische Leitung inne. Georg Karácsonyi und ich teilen uns diese Führungsposition, wobei Georg als Projektmanager alles macht, was nach außen wirkt: Projekte planen und diese zeitlich überwachen, mit den Kunden und auch der Vertriebsabteilung kommunizieren. Ich hingegen kümmere mich um den „inneren“ Part und kommuniziere mit den Technikern, überwache alles Technische und kümmere mich auch um die Fort- und Ausbildung der Techniker. Außerdem bin ich bei Briefings dabei und überlege dann mit bei der Projektplanung: Wo gibt’s das Produkt? Welches würde passen? Wie könnten wir das bei einer großen Skalierung umsetzen? Die ganze Ausarbeitung bis zum Konzept betreue ich mit und führe auch Tests durch. Man schaut hier, ob das gesamte Konzept wirklich technisch funktionieren kann. Die Umsetzung gebe ich dann mit Anweisungen an einen unserer Technical Consultants weiter. Also kurz gesagt ist meine Hauptaufgabe das Managen von verschiedenen Projekten im Managed Service-Bereich mit einem schweren Bezug aufs Technische.
ML: Du meintest, dass du und Georg Karácsonyi euch die Spitze teilt. Wie genau sieht das aus? Schlägst du die Brücke zwischen der vertrieblichen und der technischen Welt?
CH: Genau, ich bin der Ansprechpartner auf der technischen Seite, Georg der auf der vertrieblichen. Er kriegt von mir den gesamten technischen Teil vorbereitet. Es ist schon spannend, weil wir uns eben die Spitze teilen. Es ist für uns interessant, weil wir zu zweit sind, aber völlig unterschiedliche Aufgaben erledigen. Trotzdem müssen wir gemeinsam Entscheidungen treffen. Also es ist ein bisschen wie in einer Ehe (lacht). Uneinigkeit in der Führung ist ein echtes Problem. Wir müssen gut kommunizieren und uns auch danach richten, wenn es dem einen nicht passt. Mit Georg rede ich öfters als mit meiner Lebenspartnerin (lacht).
ML: Erzähl uns doch ein wenig von der Partnerschaft der Medialine Österreich mit DELL. Hier besteht ein sehr enges Verhältnis, richtig?
CH: Ja, also Dell ist unser Hauptlieferant und somit sind wir noch stärker auf DELL fokussiert als die Medialine Deutschland. Wir weichen nur auf andere Lieferanten aus, wenn es das Produkt bei DELL nicht gibt, sprich Firewall und WLAN. Unsere Beziehung ist demnach sehr eng. Wir erbringen Dienstleistungen für DELL und auch im Namen von DELL– als Dienstleistungspartner. Wir führen Installationen aus, wenn das Professional Service Team von DELL keine Ressourcen hat oder der Kunde die Installation auf Grund von fehlender Zertifizierung nicht durchführen darf. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir die notwendigen Zertifizierungen haben.
Es ist schon etwas Besonderes: Wir haben mittlerweile einen sehr großen Erfahrungsschatz mit DELL gesammelt. Diese Partnerschaft ist – wie gesagt – sehr eng und wir leben beide gut voneinander. Es wäre meiner Meinung nach schade dies für eine halbherzige Partnerschaft aufzugeben.
ML: Nun eine Frage zu kulturellen Unterschieden: Du kannst das ganz gut bewerten, denn du hast auch schon in Deutschland Projekte mitgeleitet. Was würdest du sagen: Wie unterscheidet sich die Arbeitskultur (in der IT-Branche) in Österreich und Deutschland?
CH: Ja, ich habe auch schon viel in Deutschland mit an Projekten gearbeitet. Unter anderem in Hamburg oder Mannheim. Die Arbeit an sich ist nicht sehr unterschiedlich. Es geht eher darum, wie man an die Arbeit herangeht. Es klingt jetzt vielleicht ein wenig komisch und es ist sehr verallgemeinernd, aber im Gegensatz zu dem Österreicher sind die Deutschen eher mal verwirrt, wenn der Prozess nicht vorhanden ist. Der Österreicher ist da gegensätzlich. Er versucht den Prozess von der ersten Sekunde zu umgehen (lacht). Es ist zwar sehr überzeichnet, aber ungefähr so. Der Österreicher steht vom Gefühl her ein bisschen zwischen den Deutschen und den Südländern (lacht). Von der Auffassung, wie man was macht. Bei den Deutschen ist alles hundert Prozent durchgeplant und es wird davon ausgegangen, dass diese Prozent auch erreicht werden. Der Österreicher weiß es werden wahrscheinlich nicht hundert Prozent werden. Er akzeptiert es eben und es wird offen darüber gesprochen.
ML: Denkst du daraus resultiert eine gesündere Fehlerkultur?
CH: Es lässt sich jedenfalls auf der persönlichen Ebene viel besser lösen, glaube ich. Denn es ist jedem bewusst. Wenn beispielsweise die Projektmanager etwas planen, dann vermittelt der technische Consultant, dass die Umsetzung so unrealistisch ist. Der Manager akzeptiert das dann. Teilweise muss ich leider sagen, dass der Österreicher dann auch schludrig arbeitet. Nicht von der Qualität her, sondern was Zeiten angeht. Wir sind nicht stechuhrgenau, wie das in Deutschland meist der Fall ist. Der Österreicher nimmt sich sicherlich die akademische Viertelstunde Zeit. Natürlich nicht bei wichtigen Projekten, die terminiert sind. Aber im Normalfall wird es nicht so eng gesehen. Der Österreicher ist ein bisschen lockerer, würde ich sagen. Es geht also generell um die Herangehensweise an die Arbeit.
Noch ein Punkt hierzu: Ein kleiner Kulturschock für Deutsche, die in Österreich arbeiten, ist manchmal die Kommunikation. Zum Teil findet diese nämlich viel indirekter statt. In Deutschland kann die Kommunikation ab und zu statisch wirken. Eine kleine Anekdote von unserem COO Stefan Hörhammer. Er hat mich zu einem Kundentermin begleitet. Nachdem wir uns vorgestellt hatten, hat er direkt angefangen übers Geschäft zu reden. Wir waren alle erstmal baff (lacht). In Österreich gehört Smalltalk und ein kleines Geplänkel einfach dazu. Im schlimmsten Fall redet man über das Wetter – so ein bisschen Aufwärmphase, dass man sich gegenseitig besser einschätzen kann, ist für uns essenziell. Wenn man direkt ins Business-Thema zu Beginn des Gesprächs einsteigt, dann sind alle ein bisschen verwundert. Und somit wird das Geschäft im Endeffekt auf der persönlichen Ebene abgeschlossen.
ML: Zum Abschluss noch eine technische Frage: Was wird für die Medialine Österreich ein Zukunftsthema sein?
CH: Ich glaube, dass IoT in Österreich ein Thema werden wird. Aber man darf nicht vergessen: Die Österreicher sind konservativer und es dauert eine Weile bis solche Trends auch hier ankommen. Als Beispiel: Bei euch ist Cloud ein riesiges Thema – schon seit Jahren. Bei uns kommt es nun langsam. Also, dass die Mittelstandskunden überhaupt an Cloud denken, dass ist eher ein langer Prozess. Es kündigen sich auch nur sehr langsam einige IoT-Projekte an. Wir sind zurzeit bei einem involviert. Es geht um die Internetverbindung von Kaffeeautomaten. Es ist jetzt kein klassisches IoT-Thema, aber es geht in die Richtung. Hier sollen Zahlungsdaten vermittelt werden, weil an den Automaten bargeldlos bezahlt werden kann.