Martin Hörhammer, CEO
Im Interview sprechen Michael Mattis, Geschäftsführer und Veranstalter des Digital FUTUREcongress und Martin Hörhammer, Vorstand der Medialine EuroTrade AG über den Arbeitsplatz der Zukunft.
Dieses Interview wurde im Jahr 2019 durchgeführt.
MM: Das Thema Arbeiten von unterwegs gibt es ja schon eine Zeit lang. Insgesamt hat aber das Thema Arbeitsplatz der Zukunft in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Was ist der Unterschied zwischen dem ersten Ansatz “arbeiten von unterwegs und dem heutigen “Arbeitsplatz der Zukunft”?
Martin Hörhammer: In der Vergangenheit versuchte man vielmals zwanghaft das Büroarbeitsplatzumfeld mobil zu machen. Dies war mit zahlreichen Herausforderungen verbunden (z.B. damit den Medienbruch Digital & Analog zu überwinden). Der Tenor war: Ein mobiles Arbeitsplatzumfeld bedeutet Einschränkung auf Technologieseite. Hinzu kam die emotionale Seite: Oftmals hatte man die Befürchtung eine Großraumbüroatmosphäre zur reinen Steigerung der Kosteneffizienz zu schaffen.
Inzwischen ist ein zunehmend positiver Grundeindruck zum Arbeitsplatz der Zukunft entstanden. Dies hat mehrere Gründe: Die genannten Medienbrüche verschwinden zunehmend und technologisch sind wir soweit, den „Arbeitsplatz der Zukunft“ mit Vorteilen für alle Beteiligten zu realisieren. Die Treiber dieser Entwicklung sind vielfältig: die zunehmende Digitalisierung von Prozessen, die Möglichkeit der angemessenen mobilen Abbildung von Grafik und die Unabhängigkeit von Endgeräten ermöglichen flexible Arbeitsformen. Ziel muss es sein, nicht nur das Konzept des free seating einzuführen, sondern den Arbeitsplatz und die Arbeitszeiten an jedem Ort im Einklang mit dem Alltag des Mitarbeiters zu gestalten. So erhalten diese zusätzliche Freiräume zur Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben.
MM: Viele Unternehmen beginnen derzeit auch zugewiesene Arbeitsplätze abzuschaffen. Was hat es damit auf sich?
Martin Hörhammer: Dies ist zum einen die Konsequenz aus dem Konzepterfolg des Arbeitsplatzes der Zukunft. Das gelebte Konzept macht feste Arbeitsplätze schlicht überflüssig. Das „Büro als Geisterstadt“ (Mitarbeiter sind beim Kunden, im Projekt, zu Hause, etc.) kann somit vermieden werden. Als Nebeneffekt ist eine Steigerung der Produktivität durch die Ergänzung des Arbeitsplatzes um z.B. Kitas, die vereinfachte interdisziplinäre Zusammenarbeit und weniger starre Teams möglich. Ein gutes Beispiel für das ungebrochene Interesse an neuen Arbeitsplatzkonzepten ist die 2016 eröffnete Microsoft Deutschland-Zentrale in München, welche vor wenigen Tagen ihren 100.000 Besucher begrüßen durfte und das Thema Vertrauensarbeitszeit um den Faktor Vertrauensarbeitsort zum „Smart Workplace“ erweiterte.
MM: Man hat den Eindruck, dass es bei der Schaffung von zukünftigen Arbeitsplätzen mehr und mehr darum geht ein Wohlfühlklima zu schaffen und damit im Bereich 'War for Talents' ganz vorne mitzuspielen. Wie wirkt sich das Ganze auf die IT Infrastruktur aus?
Martin Hörhammer: Hier wurde das Pferd sozusagen von hinten aufgezäumt: Erst die Möglichkeiten moderner konvergenter IT-Systeme haben es ermöglicht, den Arbeitsplatz der Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen. Sie können das Zünglein an der Waage bei der Arbeitgeberwahl durch gut ausgebildete Arbeitskräfte sein. Hier seien aber auch mobile Endgeräte, Dokumentenworkflows (z.B. kein Drucker mehr an jedem Arbeitsplatz) und Konnektivität (WLAN im Gbit-Bereich) als Beispiele genannt. Durch die Eliminierung von Planungshürden wurde der Weg für freie Gestaltung ohne Legacy Hürden geebnet.
MM: Sie sprechen hier von konvergenten IT&C Lösungen. Worin unterscheiden sich konvergente und heterogene Infrastrukturen?
Martin Hörhammer: Ohne hier jetzt tief technisch einzutauchen: Wenn eine konvergente Lösung technisch gut aufgebaut ist, macht es für den User keinen Unterschied von wo oder mit welchem Endgerät er arbeitet. Ein gutes Beispiel: Sie beginnen eine Aufgabe am Arbeitsplatz und telefonieren über den Rechner, wechseln dann in die Bahn und übernehmen Ihre begonnenen Aufgaben nahtlos, um diese dann zu Hause zu Ende zu bringen. Geschäftsprozesse springen hier sozusagen über Infrastrukturen.
MM: 100 Prozent Verfügbarkeit kann niemand garantieren. Wie angreifbar, wie sicher sind die Arbeitsplätze wirklich? Was passiert, wenn kein Zugriff auf das Internet besteht?
Martin Hörhammer: Security by Design muss zum Grundgedanken jedes IT-Projekts werden. Um ein praktisches Beispiel zu geben: Beim Neubau eines Gebäudes widmet man sich auch erst der Statik und dann dem eigentlichen Hausbau. Durch die Vernetzung von Sicherheitssystemen („Synchronized Security) in Kombination mit Verfahren des Machine Learing und einer kontinuierlichen Mitarbeiterschulung ist der Arbeitsplatz der Zukunft mindestens genauso sicher wie konservative Arbeitsplätze.
Die Frage ist nicht was passiert, wenn ich es z.B. einen Ausfall des Internets gäbe, sondern wie nutze ich vorhandene Technologien so, dass ich immer Zugriff auf das Internet habe. Verschiedene Übertragungsmedien wie Kupfer, Kabel, Glasfaser oder Funk in Kombination mit sinnvollen Alternativkonzepten (z.B. Router mit LTE-Backup) sind einfacher als gedacht umzusetzen. Die Netzanbieter arbeiten hier ebenfalls mit Hochdruck an neuen Möglichkeiten.